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Kommunikationsprobleme im Team lösen, bevor es zum Scheitern kommt

Geschrieben von Dr. Steffen Szameitat | 12.09.2025 17:24:48

Unternehmen scheitern nicht, weil ihre Produkte mangelhaft sind oder der Wettbewerb zu stark ist oder an faulen Mitarbeitern. Sie scheitern, weil die Leute an der Spitze, die Entscheidungen treffen, sich intern nicht zusammenraufen können.

Nachdem ich ein PrinciplesUs-Assessment eines Leadership-Teams eines Unternehmens analysiert hatte, welches von Insolvenz bedroht ist, wurde mir etwas schmerzlich bewusst: Bei aller Professionalität und Strategien und Prozessen entscheidet Persönlichkeit alle Dinge von Signifikanz im Business. Charaktere sind wie Pole eines Magneten: Manche ziehen sich an und schaffen Wert, andere stoßen sich ab und laufen in zerstörerische Konflikte.

Und so funktioniert die Zerstörung von Unternehmenswert: Das Aufeinanderprallen von Persönlichkeiten in Teams führt zu Konflikten, die sie nicht überwinden können. In der Folge geht nichts voran und anstehende Aufgaben werden nicht gelöst. Sie verschwenden ihre Energie, Ressourcen des Unternehmens und ihre Lebenszeit in Konflikten und bei der Suche nach Strategien, wie sie ihr Ego bestätigen und ihre persönlichen Präferenzen durchsetzen können.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Wenn der Konflikt chronisch geworden ist, kann das Team selbst wenig tun, um aus dieser Situation herauszukommen. Es ist in dem Konflikt gefangen und muss neu zusammengestellt werden. In diesem Beitrag wird beschrieben, wie ein Manager ein High Performance Team anhand von Leadership-Archetypen entwickeln kann, die sich gegenseitig ergänzen, statt sich zu bekämpfen oder stillschweigend zu sabotieren.

Und das lange bevor die E-Mails passiv-aggressiv werden.

Kommunikationsprobleme im Team 

Zuerst hilft ein Schritt aus dem Team heraus.

In der Außenperspektive haben alle Teams immer die gleichen zwei Aufgaben. 1. Die anstehende Aufgabe zu verstehen und zu lösen, etwa ein Projekt abzuarbeiten oder eine Entscheidung zu treffen. Und 2.: Sich selbst zu koordinieren.

Als Nächstes schauen wir auf die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeiten.

Wenn die Arbeitszeit für jedes Team mehr oder weniger konstant ist, sagen wir zwischen 40 und 50 Stunden pro Woche, dann teilt sich typischerweise diese Zeit so auf:

  • 60–80 % der Zeit gehen in gut organisierten Teams auf die eigentliche Aufgabenlösung.
  • 20–40 % der Zeit entfallen auf Koordination, wobei der Anteil bei umfangreicheren Teams oder komplexeren Aufgaben bis zu 50 % erreichen kann.

Wenn also ein Team schlecht koordiniert ist, braucht es mehr Zeit für Abstimmung und hat weniger Zeit für die eigentliche Aufgabenlösung. Dann kann es seine Ziele nicht erreichen. Die Folge: Einzelne Teammitglieder sind frustriert, äußern dies, was zu weiterer Friktion führt.

Eine Abwärtsspirale setzt sich in Gang.

Diese kann nur gestoppt und umgekehrt werden, wenn man die Axt an die Wurzel des Konflikts legt.

Menschen bilden High-Performance-Teams

Was genau macht High-Performance-Teams aus?  Eine hervorragende Zusammenfassung hat das Project Aristotle bei Google erstellt, die man in 20 Minuten nachlesen kann. 

Die entscheidende Frage ist: Was ist die geheime Super-Power erfolgreicher Führungskräfte? Wie stellen sie Top-Teams zusammen? Denn ein Team kann nur so stark sein, wie sein schwächstes Mitglied.

Oft hängt das Wachstums- oder die Abwärtsdynamik davon ab, wie das Team zusammengestellt ist.  Es ist entscheidend, nicht nur eine Person zu betrachten, sondern das passende Team und die Zusammenarbeit im Team zu bewerten und zu beachten. Dies geschieht in den folgenden Dimensionen. 

High Performance Teams Merkmale:

  1. Fachliche Kompetenz: Sind im Team die nötigen Erfahrungen und Kompetenzen für die bevorstehende Aufgabe vorhanden? Eine perfekte Übereinstimmung von Anforderungen und Fähigkeiten ist bei schwierigen, komplexen Aufgaben oft nicht machbar.  Dann ist es vorteilhafter, eine Kombination aus „Haben wir schon gemacht" und „den Rest lernen wir noch" zu verwenden.  Bei besonders komplexen Aufgaben sind Diversität und unterschiedliche Erfahrungen von Vorteil.
  1. Kenntnis über und Respekt für andere: Die Stärke eines Teams entsteht aus der Kombination von Wissen und Erfahrungen: Die Einzelperson muss nicht alles wissen. Sie muss nur wissen, wen sie fragen muss. Das ist das „transaktionale Teamsgedächtnis“.  Allerdings muss dazu das Team ausgewogen kommunizieren und soziale oder kulturelle Unterschiede überbrücken. Respekt für das Anderssein oder sogar Sympathien sind hier enorm hilfreich. Kommunikation im Team verbessern, um Konflikte und Missverständnisse zu verhindern.
  1. Struktur und Führungsqualität: Ein High-Performance-Team findet eine Struktur, die zur Aufgabe passt und die Persönlichkeit, Erfahrungen und Kompetenzen einzelner optimal nutzbar macht. Sollte das Team keine passende Struktur finden, ist es oft einfacher, wenn sich ein Leader behauptet und eine funktionale Struktur definiert. Dabei sollte sich der Leader sowohl an der Struktur der Aufgabe als auch an den Persönlichkeiten und Kompetenzen seiner Teammitglieder orientieren.
  1. Chancen und Risiken: Im Management von Unternehmen werden Risiken oft nicht positiv bewertet. Es gibt aber kein Team, das erfolgreich ist und Chancen sowie Risiken ignoriert. Ein Team, welches durch die Kombination bestimmter Persönlichkeitstypen „blinde Flecken" oder Aversionen bei Chancen oder Risiken hat, scheitert an ungenutzten Möglichkeiten oder nicht rechtzeitig bekämpften Gefahren.

  1. Wachstumsfähigkeit: Ein Team ist oft am Anfang nicht sofort maximal leistungsfähig. Jedes Team muss die üblichen Phasen (Storming, Norming, Forming und Performing) durchlaufen.  High-Performance-Teams erreichen die Performing-Phase zügiger und können analysieren, warum Ziele erreicht oder verfehlt werden. Es ist essenziell, Erfolge zu feiern. Aber Fehler und Niederlagen offen und ehrlich zu benennen und zuzugeben, ist genauso wichtig, denn aus Fehlern kann am besten gelernt werden.  Nur Teams, die dazu in der Lage sind, können High-Performance-Teams werden.

Wie stellt man fest, ob man ein High-Performance-Team vor sich hat?

Dazu kann man für jede der fünf Dimensionen das Team auf einer fünfstufigen Skala bewerten lassen. Ein Top-Team erreicht auf jeder Dimension 4 oder 5 Punkte. Dabei ist jede Dimension ein Killerkriterium: Wenn sich das Team nicht mindestens auf eine Drei bewegen kann, dann funktioniert das Team nicht und muss umgebildet werden.

Einzelne Teammitglieder müssen durch passendere ersetzt werden.

Wie man diese findet, wird jetzt erläutert.

Wie Harmonie von Charakteren entsteht

Viele Personen in Teams mit anspruchsvollen Aufgaben, etwa Boards, beanspruchen eine Führungsrolle.  Ansonsten wären sie nicht dort.

Wenn ein Board oder ein Executive Team jedoch zu viel Zeit damit verbringt, herauszufinden, wer sich durchsetzt und wer das Sagen hat, wird es nicht erfolgreich sein.  Dies hat für die Firma entsprechend gravierende Folgen: Entscheidungen werden suboptimal getroffen, Projekte zum Wachstum verzögern sich, operative Exzellenz leidet und Strategien finden keine Umsetzung.

Dies ist durch die Harmonie der Charaktere im Team bedingt.

Jeder Mensch hat spezifische Denkweisen, Werte, Überzeugungen und Gewohnheiten, welche Fühlen, Entscheiden und Handeln prägen und an denen wir den Charakter einer Person ausmachen. Und man sagt, dass es per se keine guten bzw. schlechten Charaktere gibt.

In der Praxis fühlt sich das jedoch anders an.

Wir wissen, dass manche mit bestimmten Persönlichkeiten gut zusammenarbeiten, mit anderen hingegen in Konflikte laufen. Das ist auch einfach zu erklären: Wenn zwei Menschen gleiche Werte teilen, dann kann das zu Synergien führen. Doch wenn zwei Teammitglieder gleichzeitig die Teamführung beanspruchen, dann führt das unweigerlich zu Konflikten.

Menschen sind unterschiedlich. Und das ist gut so.

Wenn Teammitglieder die eigene Persönlichkeit kennen und wie sie auf andere wirkt, und gleichzeitig verstehen, wie die der anderen Personen im Team wirkt, dann können sie ein High-Performance-Team bilden.

Doch wie kann man Charaktere optimal kombinieren?

Zur Feststellung und Messung von Persönlichkeiten gibt es verschiedene datenbasierte Verfahren: Big Five, Myers-Briggs, EPQ von Eysenck, 16 Personalities usw.  Das Beste derzeit am Markt ist PrinciplesYou, denn es ist nicht nur kostenlos, sondern für die Industrie und für die Kombination von Persönlichkeiten entwickelt.

PrinciplesYou erzeugt ein Profil von 28 Archetypen: Für jedes Teammitglied werden drei wahrscheinliche Archetypen genannt und drei am wenigsten wahrscheinliche.

Dieses Profil ist gut illustriert, gibt Hinweise zu Stärken und Schwächen in drei Aspekten (Denken, Umsetzen, Interagieren) und kann von jedem für sich selbst reflektiert werden.

Doch richtig interessant wird es, wenn man schaut, mit welchen Persönlichkeiten man kann oder nicht kann.

Synergetische Persönlichkeiten

Verschiedene Kombinationen von Persönlichkeiten funktionieren spontan gut miteinander oder laufen direkt in einen Konflikt. Andere Kombinationen müssen aktiv gesteuert werden (z. B. durch eine klare Struktur und Verantwortlichkeiten), um kreativ und produktiv zu sein oder um „blinde Flecken” (z. B. für Chancen und Risiken, oder operative Ausführung) zu erkennen.

Somit ergeben sich vier Bereiche.

  • Starke Synergien – bestimmte Persönlichkeiten ergänzen sich auf natürliche Art und Weise. Sie brauchen keine weiteren Strukturen, sondern verstehen sich blind.
  • Kreative Spannungen – andere Persönlichkeiten sind in einer natürlichen Spannung, sind aber produktiv, wenn die Situation gesteuert wird, zum Beispiel durch klare Verantwortlichkeiten.
  • Risiko von Konflikten – andere Charaktere laufen aufgrund ihrer unterschiedlichen Werte und Sichtweisen in einen Konflikt. Die Schärfe des Konfliktes ändert sich bereits, wenn die Personen diesen Umstand kennen und respektieren können.
  • Blinde Flecken – bestimmte Kombinationen von Charakteren übersehen oder ignorieren manche Aspekte.

In dieser Abbildung sind Beispiele für die Kombinatorik verschiedener Persönlichkeiten. Für weitere Kombinationen nutzen wir die PrinciplesUs KI, die wir inhouse entwickelt haben.

Ein High-Performance-Team entwickeln

Jeder Manager kann mit den richtigen Tools und den notwendigen Ressourcen aus seinem Team ein Top-Team entwickeln. Hier sind die zentralen Punkte noch einmal zusammengefasst:

  • Minimiere die Zeit für die Koordination des Teams. Verkürze die Zeit, bis ein Team tatsächlich leistungsfähig ist. Stelle Teams so zusammen, dass sie performen können.
  • Messe und quantifiziere. Scoring-Systeme und quantitative Verfahren geben Orientierung für den Wachstumsprozess und werden von Führungskräften besser akzeptiert.
  • Erfasse die unterschiedlichen Charaktere systematisch. Gib Zeit und Raum für Reflexion. Analysiere die Kombinatorik der Persönlichkeiten.
  • Handle entschieden und zögere nicht. Gib High-Performance-Teams, was sie brauchen: Ressourcen, Entscheidungskompetenzen, „Head Space”. Konfiguriere Teams neu, wenn sie nicht wachsen und zu viel Zeit für Koordination und Lösung von Konflikten verbringen.

Von zentraler Bedeutung: Gerade im deutschen Sprachraum wird Teamleistungsfähigkeit zu oft mit „Abwesenheit von Spannungen” verwechselt. Doch insbesondere Konflikte und kreative Spannungen sind neben natürlichen Synergien DIE Wachstumschancen für ein Team und sollten nicht vermieden, sondern reflektiert werden. Respekt und Diversität haben hierbei eine katalytische Wirkung.

Um es klar zu sagen: Teammitglieder müssen keine Freunde sein. Verwechsle Sympathie nicht mit Leistungsfähigkeit. Teams müssen erfolgreich sein.

Auch wenn das einen Power-Move eines Teamleads oder eines Außenstehenden erfordert. Denn manchmal kann man nur so die Wurzel eines dysfunktionalen Konfliktes beseitigen.