SALN #15 – Dr. Friederike Redlbacher: Coaching mit Kunst.

Lesezeit: 10 min. 

Die moderne Welt überflutet uns mit Informationen. Hingegen schafft das fokussierte Gespräch zwischen Menschen Klarheit. 

Diese Einsicht ist so simpel wie zeitlos. Sokrates von Athen goss sie in den Satz: “Ich kann dir nichts beibringen, ich kann dir nur helfen, dich selbst zu entdecken.”  

Es wird die meisten überraschen, wie sehr Coaching und Mentoring die Autoindustrie von Beginn an geprägt hat. Dazu in einer späteren Ausgabe dieses Newsletters mehr.  

Doch in dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit der Gegenwart, in der wir gerade eine neue Coaching-Welle erleben, die vielleicht ein Hinweis auf bevorstehende Innovationssprünge in der Industrie gibt. 

Um ein besseres Verständnis für moderne Coaching-Methoden zu erhalten, traf ich mich mit Dr. Friederike Redlbacher, Geschäftsführerin der Symbolon AG. Sie erläuterte mir die Verbindung von Kunst, wilden Tieren und künstlicher Intelligenz als Begleiter auf einer Reise und wie all dies mit zeitgemäßem Coaching zusammenhängt. 

Dr. Friederike Redlbacher
Dr. Friederike Redlbacher, Geschäftsführerin der Symbolon AG

Willkommen Friederike. Hast du dich heute schon gecoacht? 

Hallo Steffen. Tatsächlich hatte ich mein letztes Coaching vor drei Tagen.  

Nach dem DDI Global Leadership Report gewinnt Coaching und interaktives Lernen bei Vorständen und Führungskräften an Bedeutung. Das fokussierte Gespräch steht im Mittelpunkt, während E-Learning-Kurse und Videos weniger wichtig werden. Coaching ist also derzeit sehr modern, oder? 

Friederike: Absolut. Wir erleben einen Umbruch.  

Früher wurde Coaching nicht als notwendig erachtet, aber jetzt gilt es zunehmend als effektive individuelle Weiterbildungsmaßnahme. Zugang zu Coaching zu haben, wird eine geschätzte Ressource und ein Statussymbol. Derzeit ist Coaching oft nur für obere Managementebenen, Führungskräfte und Experten zugänglich. Doch im Kontext von Transformations- und New Work-Prozessen wird es zunehmend auch breiten Teams zugänglicher gemacht.  

Coaching für alle ist jedoch noch nicht Realität. 

Wenn wir die Nachhaltigkeitsziele der UNO betrachten, passt Coaching perfekt zum vierten Ziel “hochwertige Bildung” und dem Konzept des lebenslangen Lernens. Auch das achte Ziel, “menschenwürdige Arbeit” mit kooperativen Arbeitsplätzen, kann durch Einzel- und Teamcoaching unterstützt werden.  

Die Zeit dafür ist gekommen. 

Für Coaching für alle ist es wichtig, dass es ausreichend Coaches gibt und genügend Coaches ausgebildet werden. Wie bist du eigentlich zum Coaching gekommen, Friederike? Gab es eine bestimmte Lebenssituation oder ein Ereignis, das dich dazu gebracht hat? 

Friederike: Ich bin promovierte Betriebswirtin und habe mich auf Organisationsentwicklung spezialisiert. Und ich liebe Coaching.  

Mich fasziniert der Moment, wenn schwierige Dinge plötzlich leichter und lösbar werden und der Coachee das erkennt.  

Im Vergleich zur Beratung, bei der einem gesagt wird, was man tun soll, werden hier ganz andere Kräfte freigesetzt. Coaching steigert die Selbstwirksamkeit, erweitert den Handlungsspielraum und hilft dabei, das eigene Potenzial zu entdecken. Dies zeigt sich sogar äußerlich, durch eine aufrechte Körperhaltung oder leuchtende Augen.  

Es geht darum, Ideen zu haben und die Kraft zu spüren, um sie umzusetzen.  

Mein Wunsch ist, dass Coaching zunehmend von allen genutzt wird, und dort setze ich mich leidenschaftlich ein. 

Coaching umfasst verschiedene Ausprägungen, von einem “Ted Lasso Football Coach” bis hin zu “Agile Coaches”, die agile Prozesse erklären. Symbolon hat eine besondere Methode, bei der Kunst eingesetzt wird. Kannst du das genauer erklären? Warum Symbole? Warum Kunst? Und was hat das mit Coaching zu tun?
Friederike: Der Begriff “Coaching” ist weitreichend und nicht geschützt.  

Wenn ich von Coaching spreche, meine ich das professionelle Coachen von berufstätigen Personen, um ihnen bei der Lösung beruflicher Themen und der Entwicklung neuer Strategien zu helfen.  

Wir sind seit 1996 spezialisiert auf das professionelle Coachen mit Symbolik und Bildmaterialien. In unserem Coaching nutzen wir Kunstwerke, um tiefergehende Themen anzusprechen. Diese Bilder dienen als Medium, um den Coachee dazu einzuladen, Kontakt zu seinem unbewussten Teil aufzunehmen.  

Lass mich das am Eisbergmodell erklären: Der Teil des Eisbergs, der über der Wasseroberfläche liegt, ist leicht erkennbar ist. Dort können wir an der Oberfläche über verschiedene Dinge sprechen und sie betrachten. Wenn ich aber wissen möchte, was zu Konflikten mit Vorgesetzten oder Mitarbeitern geführt hat, wo die eigentlichen Themen liegen, muss ich tiefer gehen. Ich muss eintauchen und unter die Wasseroberfläche schauen, um möglichweise unbewusste Triggerpunkte zu erkennen.  

Diesen Wechsel herbeizuführen, ist nicht so einfach, da es sich um unbewusste Themen handelt.  

Man kann nicht einfach auf Knopfdruck sagen: “Lass uns die unbewussten Themen betrachten.” Man braucht ein Medium, um dorthin zu gelangen. Und dieses Medium sind die Bilder, genauer gesagt speziell ausgewählte Kunstwerke, die durch ihre Symbolik innere Bilder ansprechen und Themen aktivieren. 

Durch gezielte Fragen zu den Bildern können innere Bilder und Themen aktiviert werden.  

Das ermöglicht es uns, Bedürfnisse, Einstellungen, Wünsche und Sichtweisen des Coachees zu erkunden. Das Bild dient als Spiegel, um die eigene Sichtweise einer speziellen Arbeitssituation abzubilden und eine andere, bessere Perspektive zu gewinnen. 

Ich erinnere mich an zwei Bilder: eine Hafenszene mit Gebäuden, Schiffen und Menschen sowie eine Burg in einer Landschaft. Du hast mir Fragen gestellt, um herauszufinden, wie ich mich in den Bildern sehe.   

Friederike: Unsere Kunstwerke haben eine Systematik, um Menschen und Beziehungen darzustellen.  

Sie können Distanzen und Positionen verdeutlichen. Durch das Betrachten und Verorten in einem solchen Bild können wir bereits viel über uns selbst und unsere Rolle im Team oder im Projekt erfahren.  

Hafenszene Saint Ursula, 1824, Claude Lorrain, National Gallery London

Das Sichtbarmachen ermöglicht es uns, über Themen zu sprechen, die sonst schwer in Worte zu fassen sind. Es gibt uns neue Ausdrucksmöglichkeiten, um über unsere tägliche Arbeit und das Ziel, besser zusammenzuarbeiten, zu kommunizieren. 

Die Bilder sind echte Kunstklassiker, die für jeden zugänglich sind. Indem ich mich in diese Bilder hineinversetze, erhalte ich Zugang zu Themen, über die ich sonst nicht sprechen oder auf die ich nicht direkt zugreifen kann. 

Lass uns einen Schritt weitergehen. Ihr habt eure Methode in die Welt der künstlichen Intelligenz übertragen. Wie seid ihr darauf gekommen und wie sind die Erfahrungen? 

Friederike: Bei Symbolon coachen wir seit Jahrzehnten mit einer spezielle Fragetechnik, die unseren Coaching-Ansatz einzigartig macht.  

Aus dieser Methode haben wir ein Tool entwickelt, das auf KI basiert und das sich mit Alltagsthemen wie Stillstand oder Konflikte im Team beschäftigt. Auch werden Potenziale erkannt und aktiviert.  

Wir haben ein Kunstwerk anfertigen lassen, das 14 Safari-Tiere zeigt. Der Frageprozess besteht aus fünf Schritten, bei denen der Coachee ein Tier wählt und mit seinen Eigenschaften auf den Alltag reflektiert, alternative Wege erkundet und konkrete Maßnahmen für sich ableitet. Der Ablauf wurde von einem Algorithmus trainiert, um eine sichere und effektive Führung zu gewährleisten. 

Wir waren selbst überrascht, wie gut das funktioniert. 

Unsere Idee war es, Menschen zu Erkenntnissen zu führen und ihnen dabei zu helfen, Schwierigkeiten zu überwinden und die nächsten Entwicklungsschritte zu gehen. Jetzt haben wir ein Tool geschaffen, das jederzeit, rund um die Uhr verfügbar ist, um Probleme anzugehen.  

Safari Tiere (Ausschnitt), 2023, Thomas Moor, Symbolon AG
Safari Tiere (Ausschnitt), 2023, Thomas Moor, Symbolon AG

 Steffen: Ihr habt wilde Tiere als Symbolik gewählt. War das beabsichtigt? 

Friederike: Die Wahl der Tiere war beabsichtigt, da alle Menschen eine Beziehung zu Tieren haben und eine Resonanz zu ihnen herstellen können. Die Safari-Metapher repräsentiert die Reise zu neuen Erkenntnissen und Ideen. Tiere spielen eine wichtige Rolle in unserem Leben, daher ist es leicht, eine persönliche Verbindung herzustellen. 

Ihr habt das Produkt Anfang Mai 2023 eingeführt. Gibt es schon Feedback? 

Friederike: Ja, wir haben bereits Feedback erhalten, das sehr positiv ist. Der KI-geführte Coachingprozess funktioniert und es gelingt den Coachees neue Lösungen zu entwickeln. Wir haben bereits Geschichten von Menschen gehört, die von ihren positiven Erfahrungen mit dem Tool berichten. Natürlich gibt es noch Raum für Verbesserungen, aber insgesamt sind die Rückmeldungen sehr positiv. 

Wie seht ihr die Zukunft? Wie kann man das in Unternehmen einsetzen? 

Friederike: Wir befinden uns in einer neuen Ära des Coachings mit KI-gestützten Tools.  

KI-basierte Coaching-Tools werden immer weiterentwickelt und können Menschen bei Alltagsthemen unterstützen.  

Es wird jedoch weiterhin einen Bedarf an gut ausgebildeten Coaches geben, die komplexe menschliche Probleme angehen können. KI kann helfen, Coaching für Menschen zugänglicher zu machen, aber es gibt auch Grenzen, da die KI keine Mimik, Körpersprache oder Emotionen erkennen kann. 

In Unternehmen kann KI-unterstütztes Coaching in der Personalentwicklung eingesetzt werden. 

Unternehmen können Coaching als Angebot für ihre Mitarbeitenden anbieten und Zugangscodes bereitstellen, um jedem Mitarbeiter, der ein Thema bearbeiten möchte, Unterstützung zu ermöglichen. Das Vertrauen in die Mitarbeitenden wird gestärkt und Coaching wird für mehr Menschen zugänglich.  

Es ist ein Zeichen der Wertschätzung, Mitarbeitenden 24/7 Zugang zum Coaching zu ermöglichen. 

Denkst du, dass KI-unterstütztes Coaching in etwa 10 Jahren selbstverständlich sein wird? 

Friederike: Mein Wunsch ist, dass Coaching selbstverständlich ist, so wie Haare schneiden. Es geht nicht nur um das äußere Erscheinungsbild, sondern auch darum, wie es im Inneren aussieht. Es geht um persönliche Hygiene, um das Wohlbefinden und darum, in seiner Mitte zu stehen. Coaching sollte keine Eliteangelegenheit sein, sondern etwas, das jeder nutzen kann. 

Dann könnte die Frage lauten: “Hast du dich diese Woche schon gecoacht?” Und wenn nicht, dann gehe doch bitte mal. 

Friederike: (lacht) Ja, mein letztes KI-basiertes Coaching war tatsächlich am Sonntag. Selbst nach vielen Durchläufen und dem Wissen über jeden Baustein kann ich mich immer noch darauf einlassen, neue Ideen zu entwickeln und mich selbst zu überraschen.  

Das ist einfach genial. 

Das ist auch das Schöne daran, dass durch die Technik solche individualisierten und erfahrungsreichen Coaching-Ansätze wie eurer vielen Menschen zugänglich gemacht wird. Als abschließende Frage, was ist deine Vision für Coaching? 

Friederike: In großen Organisationen verlieren Menschen oft viel Energie durch Reibereien und unnötige Abstimmungen, die nicht wirklich zur eigentlichen Arbeit gehören. 

Unser Coaching zielt darauf ab, dass Menschen wieder die Arbeit erledigen können, die sie motiviert und in der sie echten Mehrwert generieren. Damit können wir Verluste wie Frustration, Fluktuation und fehlende Klarheit reduzieren. Coaching hilft zu erkennen, was für dich und deine berufliche Aufgabe wesentlich ist. 

Wir möchten mit Begeisterung Themen vorantreiben, die uns allen und auch dem Unternehmen guttun, sowie letztendlich der gesamten Gesellschaft helfen. Untersuchungen zeigen, dass Coaching mittelfristig auch gesellschaftliche Entwicklungen beeinflusst. Es ist wichtig, dass wir persönliche Entwicklungsschritte gehen, denn das hat einen Mehrwert für alle.  

Meine Vision ist es, dass Coaching Mainstream wird. 

Danke Friederike, für ein ausgezeichnetes Gespräch. 

 

 

Die Symbolon AG ist seit 25 Jahren spezialisiert auf Potenzial- und Personalentwicklung für internationale Unternehmen. Sie hat die bildbasierte Symbolon-Methode® entwickelt. Insbesondere analytisch- und prozessorientierte Unternehmen profitieren von diesem Coaching, da sie dadurch die reflektive Beziehungsebene mehr nützen.  

Das KI-basierte Symbolon Coaching ist 24/7 buchbar: https://www.symbolon-safari-coaching.com/  

 

Bildnachweis:  

  • Portrait F. Redlbacher die Fotomanufaktur 
  • Hafenbild: Seaport with the Embarkation of Saint Ursula, 1824, Claude Lorrain, National Gallery, London 
  • Safari Tiere (Ausschnitt), 2023, Thomas Moor, Symbolon AG 

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