SALN #33 Klaus Woeste New learning function for Gen Z

SALN #33 – Klaus Woeste: Lernfunktion für GenZ.

Lesezeit: 7 Minuten

Lernen in Großunternehmen ist oft irrelevant, langweilig und trotzdem Pflicht.

Um das zu ändern, hat Klaus Woeste ATTAIN gegründet. ATTAIN besteht aus einem Team von Lernexperten und Bankmanagern und bietet Lernprogramme für Banken an. Die Kundenfeedbacks sind hervorragend.

Wie die Autoindustrie ist die Bankindustrie durch verschiedene Umbrüche gegangen. Was können wir von der Bankenindustrie lernen?

Klaus, was ist dein Traumauto?

Es gibt vom Porsche 356 eine Rennversion, den Carrera 2 2000GS, der hat einen 2-Liter-Motor mit vier Nockenwellen auf vier Zylindern. Das ist ein besonderes Auto, davon wurden nur ein paar hundert gebaut. Das ist mein Traumauto.

Warum bist du Unternehmer geworden?

Klaus Woeste: Ich kann das auf 3 Worte reduzieren: Innovation, Purpose, Impact.

Genau wie Du habe ich 20 Jahre in Corporate gearbeitet. Und wir haben immer wieder festgestellt: Wenn du wirklich Impact haben willst in deinem Beruf, was wirklich Sinnvolles machen willst, dann ist das schwer zu finden in Corporate.

Du musst dich den Unternehmenszielen anpassen und diese voll unterstützen. Wenn du echte Innovation haben willst, ist das oft schwer. Denn Innovation wird durch Individualität, Flexibilität und Agilität getrieben, das sind Corporates nicht. Wenn du Impact haben willst in der modernen Welt, ist es auch schwierig.

Deswegen bin ich Unternehmer geworden. Innovation, Purpose, Impact.

Du bist seit 20 Jahren im Banking unterwegs. Was sind die entscheidenden Unterschiede zwischen der Autoindustrie und Banking?

Es gibt Unterschiedliche, aber auch viel Gemeinsamkeit.

Der erste große Unterschied ist, dass das Bankwesen bis zu 99 % White Collar (Büroangestellte) ist, und im Automobilbereich spielt die Musik in der Produktion und in der Entwicklung, dort, wo physische Produkte geschaffen werden.

Porsche 356 B 2000 GS-GT Carrera 2, Baujahr 1962
Porsche 356 B 2000 GS-GT Carrera 2, Baujahr 1962

Der Hauptunterschied zu Auto ist das Banking-Produkt, das alle kennen und das alle haben. Aber es hat keiner wirklich positiv emotionales Verhältnis zu seiner Hausbank. Keiner sagt jetzt: „Wow, super, ich habe dieses neue Girokonto und das ist so cool. Ich gehe jeden Tag rein online.“

Mit dem Auto hast du ein emotionales Produkt. Das macht einen Riesenunterschied in den Unternehmenskulturen und bei den Leuten, die du in diesen Branchen findest.

Es gibt aber viele Gemeinsamkeiten.

Für beide Branchen ist, dass beide Branchen seit 5 oder 10 Jahren eigentlich keinen konstanten, aber einen stetigen Transformationsprozess durchmachen. Und man liest sehr viel darüber, wie in Auto der Schritt zum elektrifizierten Auto die ganze Industrie verändert, Supply Chain, Entwicklung, Verkauf usw.

Dabei darf man nicht vergessen, dass die Bankenindustrie das schon hinter sich hat.

Die sind vom physischen Geschäftsmodell weitgehend auf ein digitales Geschäftsmodell umgestiegen. Hier werden in UK jedes Jahr 200 Filialen zu gemacht. Das ist von der Herausforderung genauso wie der Schritt zur Elektrifizierung. Also beide Industrien machen einen unglaublichen Wandel durch; in den Produkten, die sie anbieten, wie sie die anbieten, wie sie mit ihren Kunden interagieren usw.

Insofern sind eigentlich beide Industrien sehr gut vergleichbar, wobei ich sagen würde, dass die Finanzindustrie insgesamt den Schritt zur Digitalisierung zum nichtphysischen Produkt und zur nichtphysischen Interaktion mit den Kunden schneller gemacht hat.

Was bedeutet das für das Lernen? 

Die Geschäftsprozesse und die Geschäftsmodelle haben sich fundamental geändert im Banking. Und sie ändern sich fundamental auch in Auto. Dadurch ändern sich die Rollenanforderungen komplett. Die Struktur, die Komposition, die Zusammensetzung der Skills und wie die im Unternehmen verteilt sind auf die unterschiedlichen Rollen ändern sich fundamental. 

Beispielsweise gibt es keinen Branch Manager mehr, denn es gibt keine Branches mehr. Das war früher eine extrem wichtige Rolle, und er hat eine ganze Reihe von Skills. Das war ein Business Manager. Doch diese Skills brauchst du heute nicht mehr.  

Dafür hast du heute viel mehr Skills im Bereich digitaler Produktentwicklung usw. Bestimmte Skills und Rollen sind aber für immer weg. Brauchst Du nicht mehr.  

Was für das Lernen in der Transformation fundamental anders ist, sind vor allem zwei Dinge.  

Früher hast Du eine Rolle definiert, zum Beispiel Branch Manager. Die gab es für die nächsten 20 Jahre. Und dann konntest du 20 Jahre inkremental dazu trainieren, dass sie ab und zu mal was geändert. Mal gab es ein neues System für Kreditvergabe oder ein neues System für Verkauf. Aber die Rolle war das gleiche.  

Erstens ändern sich die Rollen und auch innerhalb einer Rolle sind die Veränderungen wesentlich stärker. Und damit komme auf dieses Prinzip „Life Long Learning“. Das ist klar, aber da steht was ganz anderes dahinter.  

Denn ich brauche eine ganz andere Lernfunktion, eine Talent Function im Unternehmen, die viel agiler ist, die viel proaktiver mit dem Business zusammenarbeitet und mit dem Business zusammen diese fundamentalen Skills-Veränderungen proaktiv erkennt und dann umsetzt.  

Die muss also viel schneller und flexibler in der Strategy Horizon Scanning sein.  

Die nächste Generation, die jetzt ins Unternehmen kommt, lernt ganz anders. Die sitzen nicht mehr eine Stunde in der Schule und hören dem Lehrer zu. Die bekommen 5 Minuten etwas erzählt und probieren das sofort aus.  

Und das sehen wir bei unserem Spiel, bei unserem Produkt.  

Wir bekommen für unser Produkt fantastisches Feedback. 97 % aller Leute, die unsere Produkte nutzen, finden, ist besser als deren derzeitiges Training. Wenn wir das aber mit Generation Z spielen, also mit Graduates, die unter 25 sind, dann haben wir wirklich 100 % Zufriedenheit. 100% Zufriedenheit bedeutet, 100% wollen mehr. Das haben wir noch nie gehabt. Die haben eine andere Herangehensweise, wie sie lernen wollen. 

Und wenn du beides zusammenbringst, diesen viel schnelleren Skill- und Rollenwandel und diese Veränderungen, wie wir lernen und warum gelernt wird, dann hast du was zu tun. 

Das jetzt schon über das Produkt gesprochen, das anders ist. Was macht Ihr bei ATTAIN anders, was macht Ihr? 

Grundsätzlich habe ich in meinen 20 Jahren Corporate-Welt festgestellt. 

Aufgrund von wirtschaftlichen und organisatorischen Zwängen beginnt der Design-Prozess oft mit: Wieviele Leute müssen wir trainieren? Wie viel Geld haben wir? Wieviel Zeit haben wir? 

Leute lernen aber nicht so. Leute lernen nicht, weil es was gibt, was nur 50 Pfund kostet. Das dauert eine halbe Stunde und das machen 10.000 andere. Leute lernen, weil sie neugierig sind, weil sie etwas Besseres sein wollen, weil sie einen Skill erarbeiten wollen. Und Leute lernen eben völlig unterschiedlich. Sie lernen, indem sie was ausprobieren: Gib ihnen einen Satz Legostein, den sie zusammen bauen. Funktioniert nicht, bauen sie wieder neu zusammen. Leute lernen exponentiell, lernen spielerisch, Leute lernen in Interaktion mit anderen. 

Attain hat sich eben diese Prinzipien zum Grundsatz genommen. Jede Learning Experience, die wir kreieren, ist auf 5 Prinzipien aufgebaut 

Purpose, Social, Application, Variety und Fun.

Wir glauben einfach: Leute lernen viel besser, effektiver, schneller und auch miteinander und kollektiv viel besser, wenn man diese Lernprinzipien anwendet.

ATTAIN Prinzipien zur Gestaltung von Lernprogrammen.

Wie werden wir in 10 Jahren lernen?

Wenn ich das wüsste, dann wäre ich Milliardär (lacht).

Wie wir lernen in 10 Jahren, das können so Leute wie ich gar nicht vorhersagen. Das wird uns Generation Z sagen. Wir werden getrieben. Die, die jetzt in das Berufsleben einsteigen, werden bestimmen, wie wir in 10 Jahren lernen und uns fortbilden.

Die werden uns zeigen, wie sie lernen wollen.

Wenn Du einen Brief schreibst an die CEOs der Autoindustrie, welche Botschaft würdest Du ihnen geben?

Klaus Woeste: Die kollektive Innovationsfähigkeit und die kollektive Veränderungsfähigkeit der Mitarbeiter in diesen Unternehmen sind viel größer als die Vorstände und Führungskräfte glauben.

Ich würde den Vorständen und den Führungskräften empfehlen, dass sie einfach viel mehr Geld darauf und viel mehr Fokus darauf legen, wie sie diese kollektive Innovationskraft und Veränderungskraft wirklich nutzen. Einfach mit der Power des unglaublichen Humankapitals, das wir in Europa haben, aufgrund von unendlich vielen verschiedenen Kulturen und unendlich verschiedenen Capabilities. Das haben wir alles in Europa in einer größeren Vielfalt als du das in den USA oder in Asien sogar hast.

Ich glaube, wir müssen einfach besser zusammenarbeiten und wirklich den Kreativitäts- und den Veränderungshebel freilegen.

Verwandte Artikel